International Shetland Pony Games in Redefin 2008
(AVC) Um mit der „Shetty-Mafia“ unterwegs zu sein, braucht es nicht nur Kenntnisse in deren Dialekt. Trinkfestigkeit ist genauso von Vorteil wie die Fähigkeit über sich und andere lachen zu können. Echte Kameradschaft ist Vorraussetzung für solch ein Wochenende der Superlative!
Als wir freitags in aller Frühe mit einem Kleinbus Richtung Norden starteten (5 Schwaben und eine Oberbayerin) war Humor bereits unser ständiger Begleiter. Ein GPS-System mit einem ausgestatteten Geschwindigkeits-Warner, der muhen konnte wie ein wildgewordenes Rindvieh, musste uns immer mal wieder zur Raison rufen, damit die Reisekasse nicht allzu sehr strapaziert würde. Über 800 Kilometer Wegstrecke lagen vor uns - die Gesprächsthemen gingen uns nie aus.
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Blick in die Stallungen
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LKW aus Finnland
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Und tatsächlich: eine halbe Stunde vor Beginn der Eröffnungsfeier schlugen wir im prächtigen Landgestüt Redefin auf! Überall Anhänger aus halb Europa, einpaar riesige Trucks geschmückt mit Wimpeln aus ihren Herkunftsländern, kleine Zeltlager zwischen den Fahrzeugen - ein Riesen-Trubel auf dem großen Gelände des Staatsgestüts in Mecklenburg-Vorpommern. Am großen Platz vor der Reithalle traf sich alles zur feierlichen Eröffnungszeremonie. Mit preussischer Pünktlichkeit – zum Glockenschlag des Portals – fuhren zahlreiche Shetty-Gespannformationen auf den riesigen Rasenplatz ein, der in nächsten Tagen genügend Raum für alle Zuchtringe sowie Vorbereitungsflächen bieten sollte.
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Redefin am Abend
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Kutschenparade
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Tandem
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Anschließend wurd’s so richtig feierlich: Zu dröhnender Musik aus den Lautsprechern liefen alle teilnehmenden Nationen mit ihren Abordnungen ein - mit Fahnen und Ponys um sich vor dem majestätischen Portal gemeinsam aufzustellen. Exotische Länder (wie z.B. Neuseeland und Australien) hatten zumindest Richter und andere Zweibeiner geschickt und wurden ebenso freudig vom internationalen Publikum begrüßt. Echtes Fanpublikum hatten die Schweden zu bieten, die in gelb/blau gehüllt und fähnchenschwingend am Rand ihre Favoriten jubelnd begrüßten. Auch die „Oranjes“ (Niederlande) waren mit großem Tross erschienen. Sogar eine extra Schaunummer für die Parade hatten sie mitgebracht. „Germany“ wurde dabei durch die teilnehmenden Verbände herrlich bunt repräsentiert.
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Fahnenmeer
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Die Engländer
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Austria (Hr.Kettl + Hr.Höller)
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Danach fanden wir uns hungrig und durstig im großen Bierzelt ein. Richtig eng wurd’s, als das Oberbayern-Team und die Österreicher anrückten und man gemeinsam einen feuchtfröhlichen Einstand feierte. Eine Runde nach der anderen wurde geschmissen und Sylvia Zwickl sorgte bei der Getränkeausgabe mit ihrem oberbayerischen Dialekt für heitere Stimmung („Ach, bitte wiederholen Sie doch Ihre Bestellung. Das klingt so nett und wir haben absolut nichts verstanden!“). Eifriges Fachsimpeln, Begrüßen vieler Bekannter, freudiges Willkommenheißen unser ebenfalls angereisten Zuchtleiterin Claudia Sirzisko, gegenseitiges Austauschen der Neuigkeiten aus der „Szene“ – es hätte endlos werden können ...
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Deutsche Zuchtverbände
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Der Begrüßungsschluck - Mischung aus Austria, Oberbayern und Schwaben
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Allgemeiner Trubel am Zuchtschautag
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Um die Kräfte für die nächsten Tage zu schonen, brach man zu absolut braver Zeit (es war noch vor Mitternacht ...) in Richtung der diversen Schlafstätten auf. Außer einer Telefonnummer und einer ziemlich dünnen Wegbeschreibung („20 Kilometer immer gerade aus bis zur Tankstelle und dann gleich gegenüber“) hatten wir nicht viel Konkretes in der Hand. Irgendwie haben wir unser Ziel doch erreicht - Dank GPS und Handy! Auch wenn ich mir manchmal vorgekommen bin wie eine Mischung aus „Gefahrgut-Transporteur“ und „Schwaben Im- und Export“, nachdem sich meine schwäbischen Herren zu vorgerückter Stunde doch recht schnell untereinander einig gewesen waren, wer nach dem Trinkgelage den Bus zu lenken hätte ...
Unsere Quartierleute hatten eigentlich Holländer erwartet – beim ausklingenden Feierabend-Bierchen auf deren Hausbank wurden sie dann in Schwäbisch „aufgeklärt“. Wieviel sie davon verstanden haben, ist mir bis heute noch ein Rätsel – aber lustig war’s auf jeden Fall.
Am nächsten Tag ging’s die 20 Kilometer wieder retour über schnurgerade und holprige Landstraßen, gesäumt von herrlichen Alleebäumen. Das Wetter versprach sein Bestes zu geben. Die ersten Schauteilnehmer schwitzten bei unserer Ankunft bereits in der Sonne. Die Zuchtwettbewerbe auf den fünf parallelen Ringen, von fünfzehn Zuchtrichtern aus dreizehn Nationen gerichtet, waren bereits voll im Gange. Die startenden Shetland Ponys wurden gemäß ihrer jeweiligen Kategorien als small in hand (=Mini, d.h. unter 87 cm), black in hand (Rappen) oder coloured in hand (nicht Rappen) bewertet. Nach der jeweilien Rangierung wurden sie auf dem sandigen Vorplatz der Reithalle noch einmal geehrt und mit goldenen, silbernen und bronzen Schleifen dekoriert sowie die Sieger für das Championat am nächsten Tag eingeladen. Ständig wechselnde Klassen, auf den diversen Außenplätzen und in den verschiedenen Reithallen gleichzeitig die Sportwettbewerbe – es gab unendlich viel zu sehen! Dass Bayern in den Zuchtklassen nicht ganz vorne mitlaufen würde, war uns von vorne herein klar. Echte Profis, die ihre Ponys „showen“ und sie zur eigentlichen Zucht manchmal garnicht verwenden, hatten ganz andere Kaliber mitgebracht. Und dennoch: dabei zu sein war für alle Bayern ein Gewinn und obendrein äußerst lehrreich. Stumhofers und Frau Neuhauser hatten vormittags mit ihren Vierbeinern die großen Auftritte:
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Warten auf den Einlass
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Aktion im Ring: TV,Richter, Pony,
Vorführer (Richter Dr.Urbas,
Fr. Sirzisko, poln. Richter)
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Hektik: Auswaschen von
Grasflecken vor dem großen
Auftritt (Hr. Kettl u. Fr. Zwickl)
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Die gesamte Klasse wurde jeweils auf den Ring gebeten. Unter schattigen Bäumen durften sie sich sammeln um dann der Reihe nach einzeln zum Vormusten in die Mitte zu den Richtern gerufen zu werden. Dort wurden sie ausführlichst begutachtet (z.B. Gebiss kontrollieren, Hufe aufheben, etc. ), danach im Schritt auf gerader Linie von den Richtern weg und wieder auf sie zu sowie dann im Trab eine ganze Runde um schließlich am Ende der wartenden „Klassen-Kameraden“-Schlange aufzuschließen. War die Einzelbegutachtung fertig, hieß es für alle Teilnehmer in großer Runde traben um dann bei sengender Hitze in der Schrittrunde rangiert zu werden. Auf ein kurzes Kommando hin wurden die Teilnehmer zur Aufstellung in die Mitte gebeten. Kurzes Gratulieren und Händeschütteln. Danach raus aus dem Ring und gleich die nächste Zuchtklasse. So ging’s den ganzen Tag. Ab und zu kleine Orga-Pannen und Pausen – aber es war immer etwas los.
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Neuhauser-Auftritt
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Stumhofer-Auftritt
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Black in Hand-Klasse
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Für 17 Uhr 30 war der Ring für die zwei-und dreijährigen Hengste (coloured) anberaumt. Nachdem Sylvia Zwickl bereits im Vorfeld über die Boxwände der diversen Mitstreiter gelinst hatte, schwand bei ihr zusehends der Mut, ihren Junghengst in dieser internationalen Klasse vorzustellen. Säuselnde Überredungskünste der „Shetty-Mafia“ und echte Überzeugungsarbeit der bayr. Zuchtleiterin („Und Sie gehen da hin! Ihr Hengst ist gut und Sie holen sich Ihre Schleife ab!“) waren von nun Nöten. Die zwicklschen Nerven lagen blank („Nein, das kann ich mir nicht anschaun ... ich geh’ in den Hänger ... ich bin dann mal weg ...“). Jetzt zeigte sich mal wieder diese von mir so geschätzte Züchterkollegialität: Manuela Neuhauser sprang sofort ein um Vorführdienste zu leisten und die Schwaben bildeten das unterstützende Fanpublikum am Spielfeldrand.
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Fachpublikum (Zech, Nieberle hinten Mitte)
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Shettymafia aus dem Allgäu als Fanpublikum (Nieberle, Zech, Schaubmair)
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Silber für Zwickl & Co!
(Neuhauser, Zwickl)
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Hochspannung pur: Echte Giganten als Konkurrenten im Ring!
Einzelmustern ... Vortraben in gesamter Runde ... schier endlose Schrittrunde ... und dann endlich das Vorziehen der Besseren während der Rangierung! Zuerst die absoluten Show-Cracks und Winner-Typen ... und schließlich das sehnlichst Erwünschte: „Edel vom Ziegengütl eins vor!“ - Lauter Jubel von der Shetty-Mafia mit Verstärkung am Rand!!! Hurra!: Silber und wichtiger Teilsieg über Konkurrenten!
Und wo war sie? Unser „gepeinigtes Nerverl“? Per Handy alarmiert und herbeigerufen kam Sylvia Zwickl schnell dahergeeilt, als die Würfel bereits gefallen waren.
Welch große Zitterpartie, welch eine Erlösung, welch eine Freude! Da sag’ einer, dass Zuchtschauen langweilig und öde seien!
Für den Abend war dann „Großes Züchterfest“ angesagt: Ein extra Bus-Shutttle-Service brachte die Festgäste zu einer entfernteren Brauerei-Gaststätte. Großes Büffet, laute Musik, internationale Feier.
Frisch geduscht und in Schale geworfen machte sich die Belegschaft des kleinen Busses aus Schwaben natürlich auch auf den Weg. Von geräuchertem Stör über gegrillte Ente bis zu roter Grütze gab’s alles was den Gaumen reizen kann. Unter dem großen Vordach traf man sich anschließend zu Musik und Tanz. Schnell ergatterten sich dabei die Schwaben ein aufgestelltes Bierfass als Tisch, gruppierten hölzerne Biertragerl als Sitzgelegenheiten außen herum und waren ein nicht mehr zu übersehender Stimmungspol.
Zusammen mit der Österreich-Fraktion (Höller und Kettl) und den
Strahlenden Oberbayerinnen wurde ausgiebigst gefeiert bis ....
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Goldene Schleife für
Austria (Höller)
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Fröhliches Feiern rund
ums Bierfass
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Prosit! (AVC, Kettl, Höller)
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- Naja, ich will ja niemand kompromittieren. Uhrzeit verrat’ ich jetzt lieber auch keine. Die Rückfahr-Busse waren jedenfalls längst weg, die Musik haben sie einfach dort irgendwann abgedreht, dann wurden die Lichter gelöscht (gewundert hätt’s mich nicht, wenn sie auch noch die Gehsteige hochgeklappt hätten ...) - und die Bayern saßen immer noch feuchtfröhlich da! Zwischendurch tablettweise irgendwelche klaren oder farbigen oder pappig-süßen Gläserinhalte von anonymen Spendern. Uiuiuiuiiiiiiiiiiiiii !!!
Bitte fragen Sie jetzt nicht, wer die Heimfahrt gewonnen hat ...
Zur Beruhigung: Alle konnten sich am Sonntag jedenfalls noch an den Vorabend erinnern, größere Ausfälle gab es nicht zu vermelden.
Die Championate liefen bekannterweise ohne bayerische Beteiligung ab. Der Vormittag wurde genutzt um weitere Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Unsere Pony-Verkaufsverhandlungen mit den Belgiern waren zwar nicht erfolgreich, aber dennoch recht amüsant: Mein Angebot an Manuela Neuhauser, für sie die Gespräche auf Englisch zu führen, war sinnlos, denn in dieser Fremdsprache waren diese Züchter auch nicht ganz fit. Aber auf Holländisch haben wir uns dann zum Erstaunen aller drum herum schnell recht gut verstanden ...
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Erfolgs-SMS
Richtung Bayern gefunkt
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Schleifenausbeute
am Innenspiegel
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Die Geschichte von der Heimfahrt ist schnell erzählt: Irgendwie waren wir alle doch ein bisserl angestrengt. Das liebe Angebot von Claudia Sirzisko, dass sie uns noch Neustadt-Dosse zeigen wollte, haben wir aus Zeit- und Konditionsgründen ausgeschlagen.
Soweit mir bekannt ist, sind alle wohlbehalten ihre Häuser und Ställe heimgekehrt. Alle, die nicht mit dabei waren, haben echt was versäumt!!!
Und diejenigen, die dabei waren, treffen sich wahrscheinlich in zwei Jahren in Holland wieder:
„Ik hoop dat we elkaar gauw werzieen – Daag!“
(Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen – Servus!)
Fotos: AVC, Zwickl, Neuhauser